Sehnsuchtsreise..

lesenslust über „Sehnsucht ist ein Notfall“ von Sabine Heinrich

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 „Warte -„, ich kippe den Sekt in einem runter und gebe ihm das leere Glas zurück, „könnte ich noch einen haben? Oder noch besser: Bring die ganze Flasche mit. Oma macht mit Opa Schluss. Prosit Neujahr!“

Zitat, Seite 10

Kurz vor Neujahr lässt man oft das vergangene Jahr bzw. das bisherige Leben Revue passieren. Auch Evas Oma tut das und beschließt kurzer Hand, sich nach sechzig Jahren Ehe von Opa zu trennen. Auch Eva, die Omas Pläne vorerst nicht versteht, findet sich ganz plötzlich in der Situation wieder, ihr bisheriges Leben zu hinterfragen. Ist sie in ihrer Beziehung mit Johannes wirklich glücklich?

Als sie im Club Tobias kennenlernt, gerät ihre strukturierte Welt ins Wanken. Da hilft nur eins: abhauen. Rein ins Auto und ab in den Süden, ans Meer. Auf einer turbulenten Fahrt nach Italien kommen Oma und Enkelin ins Philisophieren: Wie viele Kompromisse verträgt eine Beziehung? Wie oft kann man neu anfangen? Gibt es falsche Entscheidungen oder nur den falschen Zeitpunkt?

Eine aufregende Reise durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beginnt.

„Ich hätte gerne eine Wegbeschreibung für mein Leben.“

Zitat, Seite 203

Sabine Heinrichs Debüt erzählt von einem turbulenten und zugleich erleichternden Roadtrip ans Meer. Im Fokus stehen Eva und ihre Oma, die beide vor einer schweren Entscheidung stehen: Oma, die sich nach sechzig Jahren Ehe vom Opa trennen will und Eva, die nach der Begegnung mit Tobias, ihre Beziehung zu Johannes hinterfragt. Aus einer spontanen Idee, einfach abzuhauen, wird Ernst.

Auf der Fahrt gen Süden kommen sich Eva und ihre Oma näher denn je. Für Eva, die ihre Mutter früh verlor, ist die Oma wie eine Mutter. In all den Jahren hat sie ihre Großeltern immer als Einheit wahrgenommen. Doch durch die erstmals ausgesprochenen negativen Gedanken der Oma und deren melancholische Stimmung während der Fahrt, wird Eva schnell klar, dass nicht alles so ist, wie es schien. Die Fassade der glücklichen Großeltern beginnt zu bröckeln.

Auf dem Weg nach Italien führen die beiden Frauen offene Gespräche über Liebe, Verpflichtung und dem Sinn des Lebens. Für beide wird die Fahrt zur Offenbarung. Das Meer schenkt ihnen Trost, ein Gefühl von Freiheit und Grenzenlosigkeit.

„Schritt für Schritt gehen wir ins Meer, bis zu den Knien, dann schreit Oma laut auf. Sie lässt den Rocksaum los und auch meine Hand. Sie steht im Meer, zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie schreit. Der Schreit geht über in ein Lachen und schließlich in Tränen.“

Zitat, Seite 279

Der Autorin ist eines besonders gut gelungen: die Bindung der beiden Frauen. Mit den liebevollen und teils sehr amüsanten Unterhaltungen zwischen Oma und Enkelin hat sie die Verbundenheit der Frauen für den Leser spürbar werden lassen. Durch die Zeilen schenkte sie dem Roman eine gefühlvolle Note, die mich an vielen Stellen berührt und begeistert hat.

Dennoch bin ich mit dem Debüt der Autorin nicht wirklich warm geworden. Neben den gefühlvollen Zeilen stößt der Leser immer wieder auf eine wilde Mischung aus seichtem und kitschigem Liebesgeturtel a la Rosamunde Pilcher und wildem Sextalk. Eine Kombination, die mich nicht nur irritiert hat, sondern dem Buch meines Erachtens auch die nötige Ernsthaftigkeit nimmt. Das Werk wirkt daher auf mich etwas unharmonisch. Das offene Ende wirkt zu abrupt und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass einige Gedanken nicht zu Ende gedacht wurden. Irgendwas fehlt. Als hätte die Autorin nur an der Oberfläche der beiden Frauen gekratzt und überlässt es nun dem Leser, bis ins Innere vorzudringen.

<3 <3 <3

9 Kommentare zu „Sehnsuchtsreise..

  1. Mein Interesse ist geweckt und es klingt nach einer tollen Beziehung zwischen Omi und Enkelin… Auch nicht alltäglich… etwas kitschig … Jaaaaaa !

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  2. oh, ich war ja schon bei dir :) und ich seh das genauso, das war „esmussfertigwerdenBuch“, dabei hatte es soooo viel Potential… schade… :(

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    1. Hach, das tut gut zu hören. Ich versuche ja immer, nicht so streng zu sein. Aber wenn bei einem Buch der Funke nicht überspringt, dann springt er nicht über. Da nützt es auch nichts, immer wieder mit dem Streichholz über seinen Rücken zu fahren.

      Ich finde es teilweise wirklich erstaunlich, wie begeistert sich manche Menschen über Bücher aussprechen, die in meinen Augen sehr unlogische Aspekte beinhalten oder gewisse Gedanken nicht zu Ende denken. Es ist ja schön, wenn man dem Leser Freiräume schenkt und seine Fantasie anregen will, aber muss man gleich sämtliche Fäden fallen lassen, die man aufgenommen hat?

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      1. nein, man DARF das nicht. Wäre ich der Lektor dieses Buches gewesen, ich hätte dem Autor das Ende um die Ohren gehauen. Das Buch war in sich eigentlich zauberschön und lässt einen mit einem schalen Gefühl zurück. was hab ich geheult, als… (du weißt was ich meine, ich will nicht spoilern)… aber… es ist so viel Schönes angefangen und am Ende, du hast völlig Recht, steht man als Leser mit lauter losen Fäden da. Das hat das Buch nicht verdient.
        Danke für deine ehrliche Mienung, ich hab mich total gefreut, dass es nicht nur mir so ging.
        Liebst ClauDia

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      2. Absolut, ich steh ganz auf deiner Seite. Und mal ganz ehrlich, dieses kitschige Liebesgeplätscher hätte meines Erachtens teilweise auch nicht sein müssen. Das war völlig unnötig!

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      3. öhm, was??? :) :) :) das muss ich wohl überlesen haben… :) nee, im Ernst, wenn es mir zu viel wurde, hab ich schneller gelesen :)

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