Das Puzzle des Lebens..

lesenslust über „Morgen bist du noch da“ von Mila Lippke

~*°..Story.. °*~

Lioba (kurz Lio) ist Anfang vierzig und Künstlerin. In Berlin lebt sie ein Leben, dass sie sich gemeinsam mit ihrer Freundin Tetra mühsam aufgebaut hat. Ein freieres Leben, dass Sie auf ihre schwierige Kindheit in Köln zurückblicken lässt. Durch ihre verhaltene und eigentümliche Art hat ihr die Mutter nicht nur die Luft zum Atmen genommen sondern sich auch wie Ballast auf sie gelegt.

Seit dem Auszug hat sich deshalb komplett zurückgezogen. Das Verhältnis der beiden ist dadurch gespalten. Mit der Einladung zu ihrer Ausstellungseröffnung in einer Galerie in Berlin wagt Lio nach langer Zeit erstmals wieder einen Schritt auf die Mutter zu. Sie ist fest entschlossen, sich endlich Klarheit über ihren Vater zu verschaffen, dessen Identität ihr die Mutter seit der Kindheit verheimlicht.

Doch ein Schlaganfall der Mutter am Abend von Lios Eröffnung wirft sie erneut zurück an den Anfang. Ihre Mutter, die nach dem Unfall halbseitig gelähmt ist, wird Lios Fragen nun nicht beantworten können. Fragen, die Lio nicht loslassen.

Um für die Mutter ein paar Sachen zusammenzupacken, fährt Lio nach Köln. Bei ihrem Besuch in der Wohnung stößt sie auf Papiere und Fotos der Mutter, die ihr als Wegweiser in die Vergangenheit dienen. Lio kann sich dem magischen Sog dieser Erinnerungsstücke nicht entziehen und beschließt, die Antworten auf ihre Fragen selbst zu suchen. Sie begibt sich dadurch auf eine Reise, die ihr Leben von Grund auf verändern wird.

~*°..Mein Fazit.. °*~

Mila Lippke erzählt in „Morgen bist du noch da“ die Geschichte einer speziellen Mutter-Tochter-Beziehung. Lio wächst ohne Vater auf. Die Beziehung zwischen ihr und ihrer Mutter ist schwierig. Oft wirkt die Mutter durch ihre abwesende Haltung gefühlskalt, weshalb sie Lio nur wenige Momente mütterlicher Fürsorge schenkt. Die Vergangenheit bleibt für Lio ein einziges Mysterium. Der Frage nach dem Vater weicht die Mutter aus.

Schmerzhafte Erfahrungen prägen. Ihre Macht zehrt oft auch noch Jahre später an uns. Auch Lios Mutter musste in ihrer Kindheit solche Momente erfahren. Momente, die an ihr haften blieben. Momente, die sie in ihrer Entwicklung einschränkten und die sie zu einem ängstlichen Menschen werden ließen. Zu einem Menschen, dem es schwerfällt, Gefühle zuzulassen.

„Erinnerungen entstehen im Kopf. Wenn unser Gedächtnis ein Licht auf sie wirft, erscheinen sie in allen Farben des Regenbogens. Aber es gibt Ereignisse, auf die nie das Licht der Erinnerungen fällt, die über Jahre hinweg, manchmal eine Leben lang, im Schatten verborgen liegen. Wenn ich lange genug hinblickte, dachte ich, müsste ich doch die Farben erkennen können, in denen die Vergangenheit gemalt war.“

Zitat, Seite 163

Lio, die anfangs nur wenig über ihre Mutter und dem Leben vor ihrer Geburt weiß, entdeckt auf der Reise in die Vergangenheit einzelne, auf den ersten Anschein nicht zueinander passende, Puzzleteile. Aus ihnen entsteht im Verlauf der Geschichte ein Lebenspuzzle, dass Lio Schritt für Schritt Zugang in die Gefühlswelt ihrer Mutter verschafft. Erstmals kann Lio Mitgefühl und Verständnis für den Menschen aufbringen, der ihr ein Leben lang fremd erschien.

„Ohne Luft könnten wir nicht überleben. Sie ist zwar unsichtbar und lässt nur erahnen, wenn der Windhauch die Spitzen der Grashalme zum Erzittern bringt oder ein Sturm die Äst der Bäume unter sich biegt. Doch obwohl wir sie nicht sehen können, gehört die Luft zum Leben dazu. Wie unsere Erinnerungen.“

Zitat, Seite 229
Die Autorin schuf in diesem Buch ein einzigartiges Beziehungsgeflecht. Wie in einem Spinnennetz verfangen sich die unterschiedlichsten Ereignisse aus Gegenwart und Vergangenheit in den einzelnen Fäden und bilden aneinandergereiht eine bunte und abwechslungsreiche Geschichte. Der Sprung zwischen Vergangenheit und Gegenwart lässt die unterschiedlichsten Menschen Teil dieser Geschichte werden. Die lebendige Sprache der Autorin und ihre Liebe fürs Detail lässt nicht nur Emotionen, Gegenstände und Ereignisse zum Leben erwecken, sondern verleiht ihnen damit auch einen besonderen Glanz.

Die Intensität der Worte verzauberte mich so sehr, dass ich Lio und ihre Mutter gerne noch ein Stück ihres Weges begleitet hätte. Für ein paar besonders leuchtende und magische Momente schenke ich Milas Buch daher 5 von 5 möglichen Porzellantassen.

7 Kommentare zu „Das Puzzle des Lebens..

    1. Das ist aber auch ein Schatz, den du dir da auf die Wunschliste gepackt hast. Ich hab immer noch Lippkes „Irgendwie mein Leben“ auf dem SuB liegen. Und dank dir, hab ich ihn gerade wieder nach oben manövriert. Kann ich mir direkt morgen, bei der Lesenacht der aufgeschobenen Bücher, vornehmen. Ui, ich freu mich. ;-)

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  1. Eine wunderschöne Rezension :) Ich habe das Buch „leider“ schon zweimal gelesen, hätte ich es noch nicht gekannt wäre ich sofort in eine Buchhandlung um es mir zu kaufen. Es ist wirklich ein sehr schönes Buch und es hat, wie ich finde auch einen großen Wiederlesewert :)

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  2. Liebe Steffi,
    ich danke dir nicht nur für diese liebevolle Rezension meines Romans sondern auch für deinen Beitrag zu der für mich so schönen Lovelybooks-Leserunde. Ganz herzliche Grüße, Mila

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  3. Also ich muss dir auch widersprechen!! Sehr schöne Rezi. Wenn ich das Buch nicht schon kennen würde, dann würde ich es jetzt lesen wollen.

    LG Nanni (Pepperann ;))

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