Winter vs. Sommer…

lesenslust über „Winterwelt“ von Nicole Bulgrin

~°..“Wenn jene sich von einem fern halten, den sie lieben und spitze Ohren anderen Angst machen, wenn man daheim eine Fremde und die eigene Heimat einem nicht vertraut ist, wenn Schmetterlinge flüstern und Schneeengel zum Tanz auffordern, dann verschwimmen die Grenzen zwischen dieser und jener Welt und Du bist mittendrin.“(Zitat, Klappentext)..°~

Arrow genießt eine wohlbehütete Kindheit in Elm Tree, einem kleinen verschneiten Dorf mitten im Nirgendwo. Bei ihren Freunden Linda, Lizzy, Robert und Adam ist sie für ihre eigene und magische Art bekannt. Schnell haben sie gemerkt, dass auf Arrow und ihrer Familie ein gewisser Zauber liegt, den sie jedoch auf Arrows Wunsch hin, zu keiner Zeit hinterfragen. Ihr geliebter Vater Melchior und ihr Halbbruder Dewayne sind das ganze Jahr über auf Reisen. Wo ihre Reisen sie hinführen, weiß sie nicht. Alles was für sie zählt, ist, dass sie an Weihnachten, dem Fest der Liebe, wieder alle glücklich beieinander sind.

Anne, die gute Seele des Hauses sorgt sich liebevoll um Arrow. Neben ihren Freunden ist sie Arrows Bezugsperson, quasi ein Teil der Familie. Die monatelange Abwesendheit ihres Vaters und Halbbruders machen Arrow schwer zu schaffen. Irgendwie fühlt sie sich alleine gelassen. Sie nutzt daher jede erdenkliche Minute, die sie im Freien sein kann und Anne duldet es. Gemeinsam mit ihren Freunden tobt Arrow dort ausgelassen durch den Schnee, fängt Schneeflocken ein, tanzt durch die glitzernd weiße Schneelandschaft und kann einfach sie selbst sein – so herrlich normal sein.
Bei ihren Erkundungstouren treffen sie auch auf den nicht weit von Elm Tree entfernten Wald, dem geheimen Wald. Er soll magische und düstere Wesen beherbergen und der Zutritt ist ihnen deshalb strengstens verboten. Es heißt, er sei gefährlich. Doch gefährliche Dinge locken.

Nachts stiehlt sich Arrow in die geheime Bibliothek mit den verbotenen Büchern ihres Vaters. Auch sie sind ihr verboten – doch der Verstoß, sie trotzdem zu lesen, scheint ihr weniger schlimm als den geheimen Wald zu betreten. Doch auch durch das Lesen bleiben viele Fragen offen – zu viele?!

Eines Winters bittet ihr Vater Melchior sie, ihn in den geheimen Wald zu begleiten. Arrow ist verwundert und neugierig zugleich. Als sie ihr Haus hinter sich lassen, stürzt es zusammen. Ein letzter Blick zurück lässt Arrow eine Ruine erblicken. Es scheint, als wären sie nie dort gewesen. Ist es real oder träumt sie nur? Als sie realisiert, dass es tatsächlich passiert ist sie geschockt. Was war hier los? Doch für Fragen ist keine Zeit. „Später..“, sagt der Vater, „..später wirst du alles verstehen…“

~°..“Zwischen den dicken Schwaden wurden Umrisse von Bäumen erkennbar und die Luft war gefüllt mit dem süßen Duft von Sommer. Jeder Atemzug schmeckte nach Äpfeln, Orangen und Raps, gemischt mit einer Prise von Moos und Pilzen. (Zitat, Seite 72)..°~

Nicole Bulgrins Geschichte hat mich vom ersten Augenblick an in seinen Bann gezogen. „Winterwelt“ hat mich zugegeben unerwartet vom Hocker gerissen, mich stets aufs Neueste überrascht, mich entzückt, mich geschockt, mich unterhalten.
In manchen Momenten hat Bulgrin mich verzaubert. Sie hat mir kalte Schneeflocken ins Gesicht gewirbelt und mir warme sommerliche Düfte um die Nase wehen lassen. Sie ließ magische Wesen an mir vorbeitänzeln und offenbarte mir Blicke auf satte und blühende Wiesen, auf glitzernd weiße Scheneelandschaften oder verschnörkelte Schlösser. Wie ein wahr gewordenes Märchen und doch nicht real?! Plötzlich war alles Schein. Düstere Wesen kamen, kratzten an der Tür, setzten sich mit ihren schaurigen Klängen in meinen Gliedern fest, verbreiteten Angst und Schrecken, machten Alpträume wahr. Eine Hölle auf Erden. Real oder Schein? Plötzlich verschwamm alles. Ich war selbst dort, musste mich orientieren, wandelte mit Arrow verwirrt umher. Wir wurden Weggefährten.

Bulgrin hat mich ihrem Einfallsreichtum geplättet. Sie offenbarte mir eine derartige Fülle an mystischen und zauberhaften Wesen, welche mir gänzlich unbekannt waren, dass mir anfangs der Kopf brummte. Sie orientierte sich an Sagen und Mythen, an Märchen wie Schauergeschichten und entwickelte daraus ihren ganz eigenen Stil. Ihre eigene fantastische Geschichte. Winterwelt.

Arrow, die mir anfangs als junges naives Mädchen begegnete verabschiedete sich am Ende der Geschichte als junge Frau. Bulgrin ließ mich ihre Entwicklung miterleben. Sie wachsen, verzweifeln, weinen, lachen, lieben. All die liebevollen und schaurigen Begegnungen während ihrer Reise haben mich begeistert. Kapitel für Kapitel häuften sich Fragen, Kapitel für Kapitel kamen Antworten. Doch die Entwicklungen und Offenbarungen waren geschickt eingefädelt, ließen mich oft im Ungewissen, machten mich neugierig, ließen die Spannung steigen und Hoffnungen zum Leben erwecken. Die Spannung riss nie ab, zog sich gleichmäßig durchs Buch bis zum Ende.

Ausgenommen das Ende fand ich zu endgültig, zu abgeschlossen, zu wenig Cliffhanger für ein Auftakt einer Trilogie. Irgendwie hätte ich mir mehr offengebliebene Fragen gewünscht, denen sich erst im nächsten Band angenommen wird. Doch vielleicht ist das auch nur Geschmackssache und der Abschluss steht für den Abschluss einer Episode – ein Lebensabschnitt von Arrow. Also durchaus passend und genau richtig! Bulgrins Einfallsreichtum bekommt von mir 4 von 5 zauberhaften Elfenwesen.

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