Kinderfreuden #55: Hummelige Botschaften

„Die kleine Hummel Bommel – Du kannst fliegen“ – Britta Sabbag, Joelle Tourlonias, Maite Kelly

Verlag arsEdition, erschienen am 25. Februar 2022, Preis 15,00 € [D], Hardcover, ab 3 Jahren, 32 Seiten, ISBN: 978-3-8458-4650-7, hier geht’s zum Buch

Wer seinen Kindern, lieben Herzensmenschen oder auch sich selbst eine Freude machen will, hat mit diesem poetischen Bilderbuch ein wahres Herzensbuch zur Hand.

„Die kleine Hummel Bommel – Du kannst fliegen“ vereint 14 ermutigende Hummel Bommel -Botschaften und dient kleinen und großen Leser*innen als Impulsgeber für innere Stärke, Mut und Selbstvertrauen.

Es ist eins jener Bilderbücher, das seinen Leser*innen Flügel verleiht.

Blickwinkel aus großen Augen

Mit „Die kleine Hummel Bommel – Du kannst fliegen“ hat das bekannte Dreiergespann Britta Sabbag, Maite Kelly und Joëlle Tourlonias nun ein poetisches Bilderbuch geschaffen, in dem erstmals die Botschaften der beliebten Hummel vereint sind. Während es Hummel Bommel – Neulingen ganz unabhängig von den bereits erschienenen Geschichten begegnet, sorgt es bei Hummel Bommel – Fans für einen hohen Wiedererkennungswert. Denn die einzelnen Botschaften sind bereits erschienenen Bilderbüchern zuzuordnen. 

Es sind mir mitunter bereits vertraute einfühlsame Zeilen, mit denen Britta Sabbag und Maite Kelly den Kindern wichtige Botschaften und bestärkende Impulse an die Hand geben, die ihnen Mut schenken, innere Kraft verleihen und sie darin bestärken, sich allen Ängsten und aller Unsicherheit zum Trotz mit offenem Herzen hinaus ins Leben zu wagen und ihre Zeit mit den Menschen zu verbringen, die sie lieben. 

„Du bist geboren, weil du richtig bist.“

Es ist die erste Botschaft im Buch, die es mir besonders angetan hat. Denn was das schreibende Duo hier mit wenigen Worten auszudrücken vermag, ist genau das, was ich meiner Tochter jeden Tag mit auf den Weg geben möchte. Dass sie mir wichtig ist. Dass sie genauso wie sie ist, richtig ist, ich stolz bin, ihre Mutter sein zu dürfen.

Insgesamt sind es 14 solcher Botschaften, denen wir im Buch begegnen. Botschaften, die in den vorangegangenen Bilderbuchgeschichten bereits transportiert werden, nun aber völlig eigenständig stehen. Das mag zum einen dafür sorgen, dass das Bilderbuch sich auch als ideales Geschenkbuch für Herzensmenschen jeglichen Alters entpuppt, zum anderen aber auch, dass es kleineren Kindern etwas zu poetisch / spirituell begegnen könnte, weil die dazugehörige Geschichte fehlt. Ich sehe hier ein ähnliches „Problem“ wie beim Bilderbuch „Vielleicht“ von Kobi Yamada und Gabriella Barouch, das sich für mich als Bilderbuchperle entpuppt hat, für meine Tochter aber nur als ein Bilderbuch von vielen in Erinnerung blieb, wenn auch als eines mit besonders schönen Bildern.

Die Altersempfehlung des Bilderbuchs liegt wie bei den Bilderbuchabenteuern bei 3 Jahren. Fantasiereichen Kindern (ohne Hummel Bommel – Erfahrung) könnte dieser auf die Botschaften reduzierte Stil jedoch auch als Einladung begegnen, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen und mit ihren Eltern ins Gespräch zu kommen. Für Hummel Bommel – Fans wird das Bilderbuch zu einer tollen Ergänzung mit hohem Wiedererkennungswert, die sicherlich dazu einlädt, die im Regal beherbergten Geschichten wieder aufzustöbern und die Botschaften den einzelnen Geschichten zuzuordnen.

„Manchmal weht dich der Sturm um. Und scheint alles verloren – egal, was auch ist: Denk daran, wer du bist.“

Joëlle Tourlonias hat sich mit ihrem zauberhaften Illustrationen schon damals in das Herz meines Patenkindes Lena (und mir) gezeichnet. Das erste Abenteuer von Bommel setzte den Grundstein für eine große Hummel-Liebe, die sich über viele Jahre erstreckte und auch dann nicht abflachte, als sie schon lange der Altersempfehlung entwachsen war. Meine Tochter hat bislang hauptsächlich Berührungspunkte mit der Baby Hummel Bommel, hat mit 1-2 Jahren fast ausschließlich das Pappbuch „Die Baby Hummel Bommel – Gute Nacht“ als Gute-Nacht-Geschichte eingefordert und kann die Reime noch heute auswendig. Doch das Portfolio der Illustratorin ist groß und so sind über die letzten vier Jahre eine ganze Reihe an von ihr illustrierten Bilderbücher bei uns eingezogen, zuletzt das Vorlesebuch „Anouk, die nachts auf Reisen geht“, ebenfalls bei arsEdition erschienen. 

Was mir bei „Die kleine Hummel Bommel – Du kannst fliegen“ besonders gut gefällt, ist die Schlichtheit ihrer Illustrationen in zarten Pastelltönen mit Fokus auf eine Botschaft bzw. Hauptillustration pro Doppelseite. Auch das dezent gehaltene Cover mit filigraner Goldprägung ist optisch ein Genuss.

Fest steht, die Lektüre dieses Bilderbuchs tut der Seele gut. Sie macht von innen stark und schenkt uns in diesen herausfordernden Zeiten genau die Kraft und Zuversicht, die wir aktuell am dringendsten brauchen. 

„Finde deine Flügel. Dann breite sie aus – finde es für dich heraus. Dein Mut trägt dich überallhin.“

Blickwinkel aus kleinen Augen

Emmas Urteil:

Gefällt dir das Bilderbuch, Emma?

Ja. Als ich noch kleiner war, hast du mir schon von der Baby Hummel Bommel vorgelesen. Jetzt ist sie genauso groß geworden wie ich. Wir sind jetzt gar keine Babys mehr.

Erzählt das Buch eine Geschichte?

Nein. Du hast aber gesagt, dass es mir Kraft und Mut schenkt. Da sind lauter schöne Worte drin, die mich glücklich machen.

Welches ist deine Lieblingsseite?

Die mit den gelben Blumen. Weil die Hummel Bommel sich da in das Blumenbett kuschelt und du mir vorgelesen hast, dass die Liebe sich wie ein Sonnenstrahl anfühlt. Und das finde ich so schön, weil ich ja immer sage, dass du sonnenlieb bist, Mama. Deine Liebe wärmt mich (ich habe zum Muttertag eine Blume geschenkt bekommen, in der Emma mir die Eigenschaft „sonnenlieb“ zugeordnet hat).

Die Botschaft dieser Seite:

„Liebe macht sich von innen stark. Du musst sie nicht sehen, um sie zu verstehen. Sie ist wie ein Sonnenstrahl. Liebe ist Liebe.“

Erzählst du uns von deinem Traum, den du nach dem Lesen des Buches hattest?

Ich war genauso klein wie die Hummel Bommel und habe mich genau wie sie mit einem Blatt zugedeckt und in das Blumenbett der gelben Blume gekuschelt.

Als was warst du dieses Jahr an Fasching verkleidet?

Als Biene und nach dem Mittagessen sah ich aus wie die Hummel Bommel. Dann hatte ich nämlich einen ganz dicken Bauch. 

Ist neuerdings Fan von:

Honigbrot 

[Werbung: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise von arsEdition als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt]

Wenn aus Fremden Verbündete werden #kinderbuchadvent + Giveaway

„Bergkristall – Der heilige Abend“ – Adalbert Stifter, Anita Sansone Cotti, Maja Dusikova

Bohem Press, erschienen am 16. September 2021, Preis 16,95 € [D], Gebundene Ausgabe, ab 3 Jahren, 32 Seiten, ISBN: 978-3-85581-580-7, hier geht’s zum Buch

Es ist die Geschichte zweier Bergdörfer, die sich fremd und nur durch zwei Kinder miteinander verbunden sind. Während Sanna und Konrad mit ihren Eltern in Gschaid auf der einen Seite des Berges wohnen, leben die Großeltern in Millsdorf auf der anderen. An einem sehr milden Heilig Abend dürfen sich die Kinder alleine auf den langen Weg über den Pass zu den Großeltern machen, um Weihnachtswünsche zu überbringen.

Mit allerlei Weihnachtsgaben im Gepäck, treten die Geschwister den Heimweg an. Doch sie geraten in einen Schneesturm und kommen vom Weg ab. Als die Dunkelheit hereinbricht, suchen sie Schutz in einer Höhle. Sie essen und trinken alles, was ihnen die Großeltern mitgegeben haben, um gegen den Hunger und die Müdigkeit anzukämpfen. Es ist das Leuchten eines Sterns, der sie um Mitternacht an den Weihnachtstag erinnert. Denn das Glockengeläut im Tal findet leider nicht den Weg zu ihnen ins Hochgebirge.

Unterdes lässt die gemeinsame Suche nach den vermissten Kindern die beiden entzweiten Gemeinden zueinander finden und aus Fremden Verbündete werden.

Ein Weihnachtsklassiker in neuem Gewand

Adalbert Stifters Bergkristall gehört sicher zu den Klassikern der Weihnachtsgeschichten. Die Geschichte, die 1845 erstmals in der Zeitschrift Die Gegenwart erschienen ist, damals noch unter dem Titel Der heilige Abend, fand über die Jahre in unterschiedlichstem Gewand den Weg zur Veröffentlichung. Die mir bekannteste Version ist die im Verlag Urachhaus erschienene Ausgabe, die sich an Kinder ab 5 Jahren richtet und von Maren Briswalter illustriert ist.  Nun ist bei Bohem Press eine gekürzte Neufassung des Klassikers erschienen, die die Geschichte auch einer jüngeren Leserschaft zugänglich machen soll.

Schon lange hatte ich das Bilderbuch für meine 4-jährige Räubertochter und mich im Visier. Ich hatte die Lektüre aufgrund des Textumfangs und des Inhalts jedoch vorerst noch auf später vertagt. Als ich das wunderbare Cover der Neuauflage sah, wurde mir direkt warm ums Herz. Die Coverillustration von Maja Dusikova hat mich auf Anhieb entzückt. Dass es sich dabei um die bereits anvisierte Geschichte von Adalbert Stifter handelt, habe ich anfangs gar nicht realisiert. Die vorliegende Ausgabe wurde von Anita Sansone Cotti gekürzt und in Würdigung des Originals auf traditionelle Weise nacherzählt. Die mit der Schweizer Autorin befreundete Illustratorin Maja Dusikova hat die Geschichte schon als kleines Mädchen geliebt und sich seit jeher gewünscht, sie eines Tages selbst malen zu dürfen. Mit ihren wunderschönen Bildern mit nostalgischem Touch hat sie ihre Liebe zu der Geschichte wunderbar zum Ausdruck gebracht. 

Der Verlag empfiehlt die Neufassung des Klassikers für Kinder ab 3 Jahren, in meinen Augen kann man sich aber auch mit der gekürzten Fassung gut und gerne noch ein weiteres Jahr Zeit lassen. Im direkten Vergleich zur anvisierten Urachhaus-Ausgabe kommt die Ausgabe mit weitaus weniger Text und großformatigeren Illustrationen daher, bei der gemeinsamen Lektüre mit meiner Tochter stelle ich jedoch fest, dass der Umfang des Textes nach wie vor nicht zu unterschätzen ist und ich nur in besonders wachen Momenten ihre volle Aufmerksamkeit für mich und die Geschichte gewinnen kann. 

Das Bilderbuch bietet viel Anlass für gemeinsame Gespräche. Dass sich Kinder in dem Alter ganz alleine ohne Eltern auf einen so langen und gefährlichen Weg über einen Berg machen dürfen, hat Emma schon sehr erstaunt. Aufgrund ihrer Bergerfahrung wusste sie jedoch auf Anhieb um die Schwierigkeit von steilen Stellen und der Gefahr, die manchmal vom Berg ausgeht. Es ist ganz wunderbar mit anzusehen, wie sich Sannas Bruder Konrad in dieser misslichen Lage behauptet, wie er Mut, Vernunft und einen klaren Kopf beweist, wie er sich die Umgebung und einige Wegpunkte einprägt, um nicht die Orientierung zu verlieren, trotz allem aber nicht die Hoffnung verliert, als das rot angestrichene Schild  einer Unglücksstelle am Höhepunkt des Passes später vollends im Schnee verschwindet. Er sorgt für seine kleine Schwester, lässt sie sich an seiner Tasche festhalten und lässt sie das bittere Kaffeekonzentrat trinken, damit sie nicht einschläft und in der Dunkelheit erfriert. 

Die Geschichte der anfangs entzweiten Gemeinden, die sich später zusammentun, um zusammen die vermissten Kindern zu finden, zeigt wiederum wie Empathie und Nächstenliebe letztendlich über Skepsis und Fremdenfeindlichkeit siegt. Sowohl inhaltlich als auch illustratorisch ist dieses Bilderbuch daher eine Perle.   

Eine Verlosung im Rahmen des Vorleseadvents

Heute öffnet sich bei mir das fünfzehnte Türchen im Rahmen des Kinderbuchblogger Adventskalenders von Kinderbuch-Detektive, weshalb ich ein Exemplar von der verkürzten Neuauflage Bergkristall an euch verlosen möchte.

Und da ich sowohl  hier auf dem Blog als auch auf Instagram eine treue Leserschaft habe, möchte ich euch auf beiden Kanälen die Möglichkeit geben, in den Lostopf zu springen.

Für ein Los auf dem Blog würde ich euch bitten, mir bis Donnerstag, 16.12.21, 23:59 Uhr zu verraten, in welcher Situation eure Kinder bislang Mut/Vernunft/einen klaren Kopf bewiesen haben.

Die Teilnahmebedingungen für das Los auf Instagram könnt ihr meinem Instagram-Post  auf @lesenslust entnehmen, der zeitgleich mit diesem Beitrag veröffentlicht wird. 

Viel Glück und eine besinnliche Advents- und Weihnachtszeit!

Eure Steffi

[Werbung: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise von  Bohem Press als Rezensions- und Verlosungsexemplar zur Verfügung gestellt.]

[Der Versand des Gewinns erfolgt durch den Verlag. Zu diesem Zweck (und nur dazu) gebe ich die Adresse der Gewinnerin/des Gewinners an den Verlag weiter.]

Kinderfreuden #48: Klein, aber oho!

„Der kleine Schneepflug“- Lora Koehler, Jake Parker

„Du bist so ein kleiner Schneepflug, überlass die schweren Arbeiten lieber uns!“, sagten die großen Laster und brausten davon.

Als der kleine Schneepflug neu nach Mighty Mountains kommt, um den alten pensionierten Schneepflug zu ersetzen, wird er von der bestehenden Crew aus großen Trucks kritisch beäugt. Keiner von ihnen glaubt daran, dass er den Schneemassen der Stadt gewachsen ist, geschweige denn einem so kleinen Schneepflug überhaupt etwas wirklich Bedeutendes gelingen kann. Schließlich ist er ja so klein und die Schneemassen der Stadt so groß. Doch bis zum Winter hat der kleine Schneepflug genügend Zeit, um zu trainieren und Kräfte zu sammeln. Und als der Schnee ins Land geht, kann er sich auch prompt unter Beweis stellen. Denn auch Kleine (Dinge) können ganz Großes bewirken!

Eckdaten

Gebunden, ab 3 Jahren

32 Seiten
28,2 x 23,6 cm
ISBN: 978-3-280-08007-8

Illustration: Jake Parker
Text: Lora Koehler

Orell Füssli Verlag
14,95 € [D]

 

Sicher dir hier dein persönliches Exemplar…

Blickwinkel aus großen Augen

Heute vor einer Woche hat es bei uns noch geschneit und meine Tochter hat bei frostigen -10 Grad ihren morgentlichen Fußmarsch in den Kindergarten angetreten. Und als ich auf unserem gemeinsamen Weg in ihre kleinen Kinderaugen geblickt habe, die beim Anblick der glitzernd weißen Schneedecke, in die die Landschaft plötzlich eingehüllt war, zu leuchten begannen, musste ich unwillkürlich an die Geschichte vom kleinen Schneeflug denken.

Eine Geschichte, in die die kleine Testerin Luisa in diesem Winter eingetaucht ist und die euch trotz des bereits tauenden Schnees und dem Frühling, der schon vor der Tür zu stehen scheint, heute noch ans Herz gelegt sei. Denn trotz seiner überschaubaren Größe gelingt dem kleinen Schneepflug in diesem Bilderbuch ganz Großes. Denn wahre Größe kommt von innen. Und diese Botschaft kann Kindern in der heutigen Zeit gar nicht oft genug vermittelt werden.

Lora Koehler erzählt in ihrem ersten Bilderbuch „Der kleine Schneepflug“ eine Geschichte, in der sich Kinder schnell wiederfinden. Mit dem kleinen Schneepflug können sich vor allem kleinere Kinder gut identifizieren. Der Vergleich mit anderen, oft größeren Kindern beginnt bereits im Kindergartenalter. Oft liegt es nahe, dass sich kleinere Kinder Herausforderungen nicht gewachsen fühlen, die von größeren, vermeintlich stärkeren Kindern problemlos gemeistert werden. Auch der kleine Schneepflug wird beim ersten Zusammentreffen mit der Crew aus Mighty Mountains‘ größeren Trucks mit dem alten pensionierten Schneepflug verglichen. Ohne ihn zu kennen, erlauben sie sich ein Urteil über ihn, schätzen ihn als nicht stark und nicht groß genug ein. Wie soll so ein kleiner Schneepflug schon mit gewaltigen Schneemassen zurechtkommen?

Doch es ist nicht immer nur die äußerliche Größe, die uns zum Erfolg bringt. Es ist die Aufgabe von uns Erwachsenen die Kinder in dem was sie tun, zu bestärken, sie Mut und Kraft sammeln und sich an Dinge heranwagen zu lassen, die auf den ersten Blick zum Scheitern verurteilt sind. Denn manchmal kann daraus ganz Großes entstehen. Und Große lässt sich nicht nur mit Zahlen ausdrücken, sondern auch mit Taten. Als der große Schnee nach Mighty Mountains kommt und der kleine Schneepflug tatsächlich auf die Hilfe der großen Trucks angewiesen ist, fühlen sie sich natürlich bestätigt. Doch dass eines Tages eine Lawine ins Tal donnert und den großen Muldenkipper erfasst, hat keiner kommen sehen. Und plötzlich ist es der kleine Schneepflug, der nahezu Unmögliches schafft und ihn mit Ausdauer und Wendigkeit aus den Schneemassen befreit. Sein hartes Training hat sich ausgezahlt. Er ist über sich selbst hinausgewachsen. Und der anschließende Applaus der großen Trucks schenkt ihm die Anerkennung und die Wertschätzung, die er verdient hat.

Der Muldenkipper schüttelte den Schnee von seiner Ladefläche. „Ich habe nicht gewusst, dass ein kleiner Pflug so stark sein kann.“, sagte er. 

Was Lora Koehler hier in wunderbar kindergerechte Worte verpackt, weiß Jake Parker mit feinen Illustrationen umzusetzen. Und so blicken die Kinder in ganz wunderbare Schneeszenerien, in der der kleine Schneepflug sich zu behaupten weiß und durch seinen Mut und seine Beharrlichkeit am Ende ganz groß herauskommt. Wer sich noch nicht vom Schnee verabschieden will, ist mit diesem Bilderbuch bestens versorgt. Ganz besonders sympathisch finde ich, dass das Bilderbuch frei von Genderklischees ist und sich von kleinen Lesern und kleinen Leser*innen gleichermaßen erobern lässt. Die kleine Luisa stellt das anschließend ganz wunderbar unter Beweis.

Blickwinkel aus kleinen Augen

Luisas Urteil:

 

Was ist deine Lieblingsstelle im Buch?

Ich habe zwei Lieblingsstellen: Die Seite, auf der der kleine Schneepflug wieder in die Gerätehalle zurückkommt und die anderen stolz auf ihn sind und die letzte Seite, auf der man den kleinen Schneepflug sieht, wie er zufrieden lächelnd schläft.

Warum kann der kleine Schneepflug so stark sein?

Weil er es den anderen zeigen möchte und er besonders viel trainiert!

Worauf bekommt man nach dem Lesen richtig Lust?

Nach draußen in den schönen Schnee zu gehen (wenn man nicht ohnehin schon draußen ist).

Was gefällt dir am Buch am besten?

Die glänzende Titelseite, die schönen Farben und der kleine fleißige Schneepflug, dem man gar nicht ansieht, wie stark er wirklich ist

Beste Lesezeit:

Im Winter, ist doch klar!

 

[Werbung: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise von Orell Füssli als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt]

#wirlesenunsnachnangijala: Kinder- und Jugendbücher zur Trauerbewältigung

Till minne av Astrid Lindgren

14. November 1907 – 28. Januar 2002

„Die Brüder Löwenherz“ im Original

Weil Kinderbücher besänftigen können

Heute vor 19 Jahren ist Astrid Lindgrens nach Nangijala gereist. Sie hat dort mit Krümel und Jonathan ihren Frieden gefunden, den Tod als unausweichlichen Teil des Lebens angenommen und sich ihrer tröstenden Vorstellung von einem Übergang in ein anderes Reich hingegeben. Sie war eine der ersten Autor*innen, die sich dem Thema Tod in Kinderbüchern angenommen hat. Die gespürt hat, dass auch Kinder einen Weg brauchen, um ihre Trauer um einen geliebten Menschen zu überwinden, um in dieser schweren Zeit Trost zu finden und um dem Tod nicht mit Angst zu begegnen.

Und während viele der Ansicht waren, dass es nicht angemessen sei, für Kinder über den Tod zu schreiben, hat ihre Geschichte um „Die Brüder Löwenherz“ sich nahezu besänftigend auf viele Kinderseelen gelegt. Astrid Lindgren erhielt zahlreiche Briefe von jungen Leser*innen, die sich von ihr getröstet fühlten und sich fragten, wie es Krümel und Jonathan wohl in Nangijala erging. Und deshalb setzte sich Lindgren hin und verfasste einen Brief für all diese Kinder.

Der Brief wurde 1974 im Expressen veröffentlicht.

Zitate aus „Die Brüder Löwenherz“

„Aber es gibt Dinge, die man tun muss, sonst ist man kein Mensch, sondern nur ein Häuflein Dreck.”

„Habe ich nicht gesagt, dass ich mitkomme, wohin du auch gehst?“ sagte ich. „Doch, das hast du“, sagte Jonathan, und seine Stimme klang recht froh. „Denn ich will bei dir sein“, fuhr ich fort, „auch wenn es in einem unterirdischen Höllenreich ist.”

„Krümel Löwenherz“, sagte Jonathan, „hast du Angst?“ „Nein … doch, ich habe Angst! Aber ich tue es trotzdem, Jonathan, ich tue es jetzt… jetzt … Und dann werde ich nie wieder Angst haben. Nie wieder Angst ha …“ „Oh, Nangilima! Ja, Jonathan, ich sehe das Licht! Ich sehe das Licht!”

„Ich kann aber nicht töten“, sagte Jonathan, „das weißt du doch, Orwar!“ […] „Wenn alle wären wie du“, sagte Orwar, „dann würde das Böse ja bis in alle Ewigkeit herrschen!“ Aber da sagte ich, „wenn alle wären wie Jonathan, dann gäbe es nichts Böses.”

Wir lesen uns nach Nangijala

Steven (alias superheldliestgern) und ich möchten in Gedenken an unsere liebste Kinderbuchautorin die kommenden drei Tage dazu nutzen, um euch auf Instagram ein paar einfühlsame Kinder- und Jugendbücher an die Hand zu geben, die euren Kindern dabei helfen können, den Verlust eines geliebten Menschen zu verarbeiten.

#wirlesenunsnachnangijala und laden euch ein, uns auf dieser Reise zu begleiten. Wir wollen unter dem Hashtag Kinder- und Jugendbücher vereinen, die in dieser schweren Zeit helfen und trösten können. Die sich besänftigend auf die Seele der Kinder legen und sie neuen Mut fassen lassen. Die dem Thema nicht ausweichen, sondern ihm direkt ins Auge blicken.

Unter dem Tab „Projekte“ wird zukünftig eine untergeordnete Seite namens „Wir lesen uns nach Nangijala“ zu finden sein, die ich peu a peu um unsere und eure Kinder- und Jugendbuch – Empfehlungen ergänzen werde.

Habt ihr Lust uns eure liebsten Bücher anzuvertrauen? Dann verfasst doch auf Instagram (oder eurem Blog) einen Beitrag dazu und verseht ihn mit dem Hashtag #wirlesenunsnachnangijala. Natürlich sind eure Empfehlungen auch in Form eines schlichten Kommentars herzlich willkommen.

„Der Tod und die Liebe gehören zu den großen Dingen im Leben eines Menschen, das ist für jedes Alter interessant. Man soll Kindern keine Angst machen, aber sie müssen genauso wie Erwachsene von Kunst ergriffen werden.”

Astrid Lindgren, Dagens Nyheter, 8. September 1959

Wenn ein Buch Licht ins Dunkle wirft

„Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd“ – Charlie Mackesy

List Hardcover, erschienen am 28. Februar 2020, Preis 20,00 € [D], hier geht’s zum Buch

Wie gut, dass Bücher dir über schwere Zeiten hinweghelfen können. Dass sie den Platz von Freunden einnehmen können, wenn Social Distancing angesagt ist und du nur dich selbst und deine engsten Vertrauten hast. Dich zuhause einschanzen musst. Nur selten vor die Tür darfst. Und klammheimlich die Bücher selbst zu Freunden werden. Zu wertvollen Wegbegleitern. Zu einem lebensnotwendigen Gut.

Ein Buch, das ich euch gerade in den aktuellen Zeiten ans Herz legen kann wie kein zweites, ist „Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd“. Es vergingen nur wenige Augenblicke, bis es sich in mein Herz geschlichen hat.

Es handelt von einem einsamen Jungen, einem Maulwurf, einem Fuchs und einem Pferd. Diese vier Figuren gibt uns Charlie Mackesy an die Hand. Sie alle fühlen sich von der Welt im Stich gelassen, wie manch einer von uns es vielleicht gerade tut. Es ist ihre Begegnung und ihre Gespräche über ihre Angst und Einsamkeit, die ihnen Kraft schenkt, und sie Hoffnung und Mut schöpfen lässt. Eine Freundschaft, die sich wie Balsam über ihre Seelen legt. Eine besänftigende Freundschaft, wie ich sie uns allen gerade wünsche.

Mackesys Werk kommt nicht literarisch, sondern als künstlerisches Geschenkbuch daher. Es lebt von seinen atemberaubenden Illustrationen, die größtenteils schwarz-weiß, hin und wieder auch farblich untermalt daherkommen. Der Künstler scheint sie mit einem schwarzen Füller aufs Papier zu zaubern, der auch die begleitenden Zeilen zu Tage bringt, die meist schlicht und unaufdringlich ausfallen und uns oft als Dialoge zwischen den Freunden, manchmal aber auch als eigenständige Fragen oder Aussagen begegnen. Sie alle regen zum Nachdenken an, nennen oft sogar die Dinge beim Wort, die mein Inneres umtreiben. Es umgibt sie ein unglaublicher Zauber, der das Buch zu einer wahren Perle, und die Lektüre zu einem wahren Lichtblick macht.

Während Mackesy anfangs nur den Jungen und den Maulwurf aufeinander treffen lässt, gesellen sich später auch der Fuchs und das Pferd dazu. Seine Figuren kommen ganz unterschiedlich daher, wodurch auch ganz unterschiedliche Schwächen, aber auch Stärken zum Vorschein kommen. In vielen habe ich mich selbst wiedergefunden.

Es ist ganz wunderbar anzusehen, wie sich die Freunde mit nur wenigen Worten und durch die Momente des Zusammenseins unterstützen und bereichern können. Wie mit dem Heranwachsen der Gruppe auch zeitgleich der Mut in den Reihen wächst und wie gestärkt die vier aus ihrer Begegnung hervorgehen.

Wenn es ein Buch gibt, das vor Liebe, Mitgefühl und Stärke strotzt und so viel Licht in diese düsteren Tage bringt, die uns aktuell umgeben, dann ist es dieses. Also sichert es euch beim Onlineshop eurer Buchhandlung eures Vertrauens und lasst ein bisschen Licht herein. Und ihr werdet sehen – wir werden die düsteren Tage hinter uns lassen und gestärkt daraus hervorgehen! Bleibt mir gesund, meine Lieben!

Kinderfreuden #15: The lion insight

lesenslust über “Der Löwe in dir” von Rachel Bright & Jim Field

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 Beschreibung:

In der rauen Wildnis, inmitten einer Herde von großen Steppenbewohnern, kann man als Maus schon einmal untergehen. Davon kann die Maus, die so winzig klein ist, dass sie keiner bemerkt, ein Lied singen. Ständig wird sie übersehen, getreten und gequetscht. Was für ein unglaublich trauriges Mäuseleben sie doch hat.

Doch eines Tages hat die Maus es satt, übersehen zu werden. Sie will lernen, so laut und stark zu sein wie der Löwe, der stolz und erhaben auf seinem Fels thront. Voller Mut und Entschlossenheit begibt sie sich auf den Weg zum brüllenden Oberhaupt und macht schon bald eine interessante Entdeckung: wahre Größe kommt von innen.

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Eckdaten

Hardcover

Ab 3 Jahren

32 Seiten 245mm x 305mm

ISBN: 978-3-7348-2021-2

Magellan Verlag 13,95 €

Sicher dir hier dein persönliches Exemplar…

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Blickwinkel aus groSSen Augen

Seit der Magellan Verlag 2014 in See gestochen ist, sind die Kinderbuchregale meiner Patenkinder um zahlreiche Kinderbuchschätze gewachsen. Das „magellansche“ Verlagsteam, das im fränkischen Bamberg ansässig ist, beweist seit jeher eine besonders gelungene Zusammenstellung von Kinder- und Jugendbüchern. So auch beim Frühlingsprogramm diesen Jahres, in dem das gemeinsame Werk von Rachel Bright und Jim Field „Der Löwe in dir“ erschienen ist.

Jim Field, der schon zahlreiche Kinderbücher illustriert hat, bewies bereits in Werken wie „Cats Ahoy!“, „There’s a Lion in My Cornflakes“ oder „Oi Frog“ sein künstlerisches Geschick, weswegen es nicht verwundert, dass ihm auch die Illustrationen in „Der Löwe in dir“ (OT: The Lion Inside) bestens gelungen sind. Seine entzückenden Zeichnungen von Löwe, Maus und zahlreichen Steppenbewohnern präsentieren sich fantasievoller und lebendiger Natur. Durch die unterschiedlichsten Gelb- und Brauntöne offenbart sich den Kindern die sonst so driste Steppenlandschaft in all ihren Farben.

Rachel Bright begleitet die Geschichte mit ein paar wenigen Zeilen. Ihr Text schmiegt sich sehr harmonisch an Fields Illustrationen, die uns im Wechsel großformatig oder als kleine Ausschnitte begegnen. Durch groß abgedruckte Tierlaute macht sie Löwe und Maus lebendig. Hauptsächlich lebt die Geschichte aber von Fields  wunderbaren Illustrationen, die die Fantasie der Kinder schnell beflügelt.

picsart_06-17-03.32.28.jpgDie Moral der Geschichte liegt klar auf der Hand: weder Körpergröße noch Stimmpegel entscheiden über wahre Größe. Was im Leben zählt, sind vielmehr Persönlichkeit und Mut, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Dank dieser Eigenschaften wächst die kleine Maus über sich hinaus. Ihre anfängliche Unsicherheit und Angst dem Löwen gegenüber weicht einem gesunden Selbstbewusstsein und einer Stärke, die sie trotz ihrer kleinen Größe dem Löwen auf Augenhöhe begegnen lässt.

Schon bald ist die Wüste nicht mehr vom schrecklichen Gebrüll des Löwen, sondern vielmehr vom gemeinsamen Gelächter der Beiden erfüllt. Denn auch Klein & Groß kann sich wunderbar ergänzen.

„So fanden sie Beiden schließlich heraus: Jeder von uns ist mal Löwe, mal Maus.“

Fields Illustrationen haben mich tatsächlich ein bisschen an die Tiere des Animationsfilmes „Madagaskar“ erinnert. Vielleicht hat sich Field vom Film inspirieren lassen, vielleicht auch nicht. Die Ähnlichkeit tut dem Kinderbuch allerdings keinen Abbruch. Durch die kreative Anordnung von Text und Bild, präsentiert sich das Werk wunderbar rund und melodisch. Sowohl das Brüllen des Löwen, als auch das Quieken der Maus hallen der Geschichte noch lange nach.

<3 <3 <3 <3 <3

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Blickwinkel aus kleinen Augen

Joschuas Urteil:

Steckbrief Joschi Blog 2

Gefällt dir das Buch? Ja

Was hat dir besonders gefallen? Der Löwe

Worum geht die Geschichte? Um eine mutige Maus

Wo steht das Buch im Regal?

Neben „Das Zebra, das zu schnell rannte“

Lesezeit: an sonnigen Tagen

Bester Leseplatz: im Grünen

Schlüpft in die Rolle von: einer Maus & einem Löwen

 

Somewhere in between

„Das Traumbuch“ von Nina George

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„Das hier ist die Realität. Kein Buch, kein Nerd-Wettbewerb. Das dort, das wummernde Monstrum, die Fragen von Dr. Saul, Henris Sauerstoffmaschine, die achtmal in der Minute Luft in ihn hineinstößt und wieder heraussaugt. Das ist die Wirklichkeit.“

Zitat, Seite 370

Ein Unfall verändert die Leben dreier Menschen: Edwinna, genannt Eddie, die Verlegerin für phantastische Literatur mit besonderem Gespür für das Wunderbare. Sam, der hochbegabte 13-jährige, der Klänge als Farben sieht und Menschen, Orte oder Stimmungen intensiver wahrnimmt als andere. Und Henri, Eddies einstiger Geliebter. Der ehemalige Kriegsreporter ist Sams Vater, der nach einem Unfall acht Minuten lang tot war und nun darum kämpft, aus dem Koma zu erwachen. Denn von dort, wo er beinah verlorengegangen ist, bringt er eine Botschaft für die, die er liebt. 

Kurzbeschreibung des Verlags

Es gibt Geschichten, die dich mit unverminderter Wucht ins Leben schmeißen. Dies hier ist so eine. Denn Nina Georges neuestes Werk ist schonungslos. Es ist schicksalsgetränkt, dramatisch und ergreifend schön zugleich. Eine Geschichte, wie sie das Leben schreibt.

Ich hatte geahnt, dass das scheinbar sorglose Cover nur wenig von dem Inhalt wiederspiegelt, der sich hinter dem Buchdeckel verbirgt. Doch auf das riesige Konstrukt, das dahinter zum Vorschein kam, war auch ich nicht vorbereitet. Georges Geschichte, auf die ich seit ihrem Erfolgsroman „Das Lavendelzimmer“ sehnsüchtig warte, ist auf einer völlig neuen Ebene angesiedelt. Einer hochemotionalen Ebene, mit der die Autorin über sich selbst hinausgewachsen ist. Denn George, die ihr vorangegangenes Buchprojekt abbricht, weil sie nicht in die Geschichte findet; beweist mit ihrem Traumbuch nicht nur Mut, sondern auch schonungslose Offenheit.

Die Geschichte, in der auch persönliche Erlebnisse der Autorin verwoben sind (u.a. der Verlust des Vaters) widmet sich ernsten Themen, über die sicherlich nicht jeder lesen möchte. George spricht das aus, worüber viele schweigen. Es sind Dinge wie ein künstliches Koma, Verlust und Tod. Auf der Suche nach dem Platz im Leben wandern wir auf einem schmalen Grat zwischen Leben und Tod, zwischen liebevoller Hingabe und zweifelnder Unsicherheit, zwischen Liebe und Pflichtgefühl. Wir wechseln zwischen den Welten. Geben uns Tagträumereien hin und blicken aus der Ferne in die Realität. Durchlaufen „Was wäre wenn? – Szenarien.

Nina George ist Synästhetikerin. Sie nimmt Zahlen und Klänge als Farben, und Menschen, Orte oder Stimmungen intensiver wahr als andere. Diese besondere Gabe hat auch der 13-jährige Sam, der neben Henri und Eddie zu den Hauptfiguren der Geschichte zählt. Seine Mitschüler bezeichnen ihn als vulgo Synnie-Idiot, selbst seine Mutter findet nur schwer Zugang zu dem hochbegabten Jungen, der schon als Säugling zu weinen begann, wenn ihn die negativen Gefühle eines Ortes wie aus dem Nichts überfielen.

„Ihre Stimme flutete mich, ein Klang wie ein Geruch, der Duft von Rosmarin im Regen, traurig, gedämpft. Ich spürte, wie lieb sie mich in diesem Augenblick hatte, ich merkte es daran, dass ich auf einmal atmen konnte, richtig atmen, wie auf dem höchsten Gipfel der Welt. Das nasse Knäuel, das sonst in meiner Brust ist, war fort.“

Zitat, Seite 21

Sam ist es auch, der täglich am Krankenhausbett von Henri sitzt und dem Erwachen seines nahezu unbekannten Vaters entgegenfiebert, als dieser nach einem Unfall und einem achtminütigen Tod ins künstliche Koma versetzt wird. Durch die Rettungsaktion eines kleinen Mädchens gerät Henri in die Zielgerade eines heranfahrenden Lkws und wird dadurch frontal erfasst. Das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Auch Eddie findet sich in Henris Krankenhauszimmer wieder. Eigentlich hat die Verlegerin eines Phantastik-Verlages mit ihrem ehemaligen Geliebten längst abgeschlossen. Dem Mann, der ihr vor zwei Jahren das Herz brach, weil er ihre Gefühle nicht zu erwidern vermochte. Ihr Herz schlägt längst für einen anderen Mann. Warum sollte ausgerechnet sie über Leben und Tod entscheiden?

„Ich sitze auf dem Boden und lege mir den Mut auf wie Make-up. Ich trenne all meine miteinander ringenden, hadernden, sich gegenseitig im Weg stehenden Regungen säuberlich voneinander, bis nur noch die entscheidenden drei übrig bleiben. Ich konzentriere mich, um sie zu halten, und verbiete allen anderen Emotionen ihnen zu nahe zu kommen. (…) Ich atme ein und denke: Zärtlichkeit. Ich atme tiefer ein und beschwöre: Mut. Ich atme ein und erbitte: Lass mich wie Sam sein.“

Zitat, Seite 192

Als Eddie auf Sam trifft, ist es, als verpasse ihr das Leben eine schallende Ohrfeige. Denn Henri hat ihr nie von seinem Sohn erzählt, einem Kind, zu dem sie eine besondere Nähe entwickelt und das ihre verlorengeglaubten Gefühle zu Henri wieder zum Leben erweckt. Ihre Begegnung öffnet ihr die Augen, klart ihren Blick auf erschreckende Weise auf.

Henri, der Zeit seines Lebens als Kriegsreporter arbeitete, und sich vor dem Unfall auf dem Weg zu Sam befand, kämpft indes verzweifelt um seine Rückkehr ins Leben. In der Zwischenwelt begegnet er nicht nur engen Vertrauten, sondern auch einem Mädchen, das die Geschichte Aller primär beeinflussen wird.

„Es ist wie eine Wunde, die ich selbst bin, es ist wie das Lachen, das noch darauf wartet, gehört zu werden, es ist diese wilde Hoffnung auf ein Leben mit ihr, und eine entsetzliche Angst, es ohne sie aushalten zu müssen.“

Zitat, Seite 227 (Sams Zeilen)

George ist eine Gefühlsvirtuosin. Mit ihrem Traumbuch gewährt sie uns einen tiefen Einblick in die Seele der Menschen und beweist damit einmal mehr, dass die Gefühlswelt genau ihr Ding ist. Ihre Geschichte ist wie eine Fahrt mit einem turbulenten Gefühlskarussell, das während dem Lesen an Fahrt aufnimmt und unsere Gefühlsregungen wie Konfetti durch die Luft wirbelt. So finden nicht nur Tränen der Trauer, sondern auch der Freude ihren Weg über unsere Wangen.

Der Autorin gelingt damit ein weiteres Herzensbuch, das sicherlich nicht jeden, aber genau die richtigen Leser für sich gewinnen wird. Es ist poetisch, tiefgründig und unendlich berührend. Eine Geschichte, in der sie es uns überlässt, woran wir glauben, was Traum und was Realität ist, und wie sich die Geschichte entwickelt. Denn jede Geschichte beginnt erst mit seinen Lesern zu leben und entführt sie zu entlegensten Winkeln; selbst, wenn das Konstrukt das Gleiche ist.

„Das ist die Magie der Literatur. Wir lesen eine Geschichte, und danach ist etwas anders. Was, das wissen wir nicht, oder warum, durch welchen Satz, das wissen wir auch nicht. Und dennoch hat sich die Welt verwandelt und wird nie mehr dieselbe sein wie vorher. Manchmal merken wir es erst Jahre später, dass ein Buch der Riss in unsere Realität war, durch den wir, nichtsahnend, entkommen sind aus Kleinheit und Mutlosigkeit.“

Zitat, Seite 111

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Kinderfreuden #11: Ein Freund, ein guter Freund

lesenslust über “Beste Freunde” von Benji Davies & Linda Sarah

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Beschreibung:

Ben und Eddy sind richtig dicke Freunde. Zusammen sind sie unschlagbar. Auf ihrem Hügel spielen sie verstecken, erobern von ihren Pappkartonschlössern aus die Welt als Piraten, Astronauten oder Ritter. Sie springen, fliegen und rennen um die Wette und können zusammen sogar mucksmäuschenstill sein. Sie sind ein Dream Team und verstehen sich selbst ohne Worte.

Doch eines Tages  taucht eine anderer Junge am Hügel auf. Sam hat die beiden beobachtet und möchte mit seinem Karton so gerne mitspielen. Eddy hat nichts dagegen. Doch als er mit Sam beginnt, Drachen zu jagen, wird Ben plötzlich ganz still. Er hat ein seltsames Gefühl im Bauch, möchte seinen besten Freund ungern teilen.

Ben ist traurig und schottet sich ab. Er zerreisst seinen Karton und kommt auch nicht mehr zum Hügel. Doch Eddy und Sam haben für Ben eine ganz besondere Überraschung vorbereitet.

Kann ihre Freundschaft einen Dritten im Bunde vertragen?

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Eckdaten

Hardcover, ab 4 Jahren

32 Seiten
284mm x 249mm
ISBN: 978-3-8489-0091-6

Linda Sarah, Benji Davies
Übersetzt von Johanna Hohnhold

Aladin Verlag
12,95 €

Sicher dir hier dein persönliches Exemplar…

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Blickwinkel aus grossen Augen

Schon mit seinem ersten Bilderbuch „Nick und der Wal“ wusste Illustrator Benji Davies zu begeistern. Während in seinem ersten Werk vor allem Elternliebe und Abschied im Fokus standen, setzt Davies in seinem zweiten Bilderbuch „Beste Freunde“ ganz auf Freundschaft. Ein Glücksgriff. Denn die Geschichte von Davies und Sarah geht mitten ins Herz.

Es sind nicht nur die liebevollen Illustrationen, die diese zauberhafte Freundschaftsgeschichte ausmachen, sondern auch die Liebe zum Detail, der Ideenreichtum und die Botschaft der Geschichte. Dank diesem harmonischen Zusammenspiel glänzt das Bilderbuch im Kinderbuchregal und bringt sowohl kleine als auch große Augen zum Leuchten.

Eddy und Ben sind beste Freunde. Ihre Freundschaft steht ganz klar im Fokus. Doch als der fremde Junge Sam dazustößt, gerät ihre Freundschaft ins Wanken. Ben ist es nicht gewöhnt, seinen besten Freund zu teilen. Er erträgt es nicht, dass Sam nun mitmischt und beginnt sich langsam aber sicher von den beiden abzukapseln. Er zerstört seinen Karton , ist wütend, dass er Eddy nicht mehr alleine hat.

Doch eine richtige Freundschaft kann allem Stand halten. Und so überraschen Eddy und Sam Ben mit einem unfassbarem Riesenmonsterkistending, einen XXL-Pappkarton mit Geheimfächern, den sie Herr Klettermaxe nennen. Ein Freundegefährt für Drei. Bei gemeinsamen Abenteuern mit Herr Klettermaxe bemerkt Ben, dass Sam gar nicht so übel ist. Er ist lustig, mutig und ganz nebenbei ein feiner Kerl. Plötzlich sieht Ben, dass man auch zu dritt richtig dick befreundet sein kann.

Die Botschaft des Buches ist klar. Es geht um Freundschaft und ums Teilen. Die Geschichte zeigt den Kleinen, dass man manchmal Mut für Neues haben muss und Veränderungen nicht immer schlecht sein müssen. Davis liebevolle Illustrationen spiegeln die gesamte Farbpalette des Regenbogens wieder und präsentieren sich je nach Wetterlage und Stimmung der Figuren. So betrachten wir einen lila-roten Himmel bei Sonnenuntergang, ein Wolkenbruch als sich Bens Stimmung verdüstert und einen leuchtenden Nachthimmel, als Ben bekümmert zuhause sitzt.

„Beste Freunde“ lebt von großflächigen Zeichnungen und bedient sich lediglich ein paar begleitenden Zeilen. Davies ist erneut ein bezauberndes Bilderbuch gelungen, dass sich im Kinderbuchregal harmonisch an seinen Nachbarn „Nick und der Wal“ schmiegt. Im Februar erscheint erneut ein Bilderbuch von Davies, das den Namen „Opas Insel“ tragen wird.

<3 <3 <3 <3 <3

Blickwinkel aus kleinen Augen

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Joschuas Urteil:

Steckbrief Joschi Blog 2

Gefällt dir das Buch? Ja

Was hat dir besonders gefallen? die Bilder, Herr Klettermaxe

Worum geht die Geschichte? um Freundschaft

Wo steht das Buch im Regal? neben Nick und der Wal

Schlüpft in die Rolle von: einem dicken Freund

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Kinderfreuden #10: Drachenschnodder

lesenslust über „Drachenschnodder“ von Esther Miskotte

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Beschreibung:

Eines Tages hallt ein furchtbar lauter Knall durch den Wald und versetzt Kalle Kaninchen und Bär in Angst und Schrecken. Da Bär sich sicher ist, dass das laute Geräusch vom Hügel kam, machen sie sich auf den Weg dorthin, um herauszufinden, was dahinter steckt. Kalle ist der Mutigste und geht voraus, während die anderen Tiere ihm ängstlich folgen.

An der Spitze des Hügels empfängt sie ein giftgrüner Drache, der sie mit einem lauten Hatschiii! empfängt. Er musste aufgrund seiner Erkältung notlanden und nun notgedrungen bis zu seiner Genesung bleiben. Doch sein Drachenschnodder verwandelt den Wald der Tiere in einen nebliges und bakterienverseuchtes Dickicht, weswegen die Waldbewohner ihm vorerst nicht wohlgesonnen sind.

Kalle Kaninchen ist sich sicher, dass der kranke Drache Djordo Vitamine braucht, um gesund zu werden, und bringt ihm einen Korb voller Äpfel. Doch den Drachen interessieren die Äpfel nicht, ihm ist vielmehr nach Prinzessinen, Würstchen oder Steak. Doch die Tiere wollen ihren Wald zurück und versorgen den Drachen solange mit Obst und Gemüse, bis der Hunger über ihn siegt.

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Bilder aus dem Buch © Lingen Verlag

Eckdaten

Hardcover, ab 4 Jahren

32 Seiten
21,5 cm x29,5 cm
ISBN: 9783945136423
Esther Miskotte

Lingen Verlag
12,95 €

Sicher dir hier dein persönliches Exemplar…

Blickwinkel aus grossen Augen

Esther Miskotte ist mit „Drachenschnodder“ nicht nur ein lehrreiches sondern auch kreatives Kinderbuch gelungen. Mit liebevollen und farbenfrohen Zeichnungen vermittelt sie den Kleinen, was Mut und Größe ausmacht und was Hilfsbereitschaft alles bewirken kann. Mit dem ungewöhnlichen Titel „Drachenschnodder“ sorgt das Buch schon vor dem Aufschlagen für lächelnde Kindergesichter und sichert sich damit einen großen Wiedererkennungswert im Kinderbuchregal.

Miskottes Konzentration ruht auf zwei Leitfiguren, Kalle Kaninchen und Drache Djordo, die allein durch ihre Namensgebung aus der Geschichte hervorstechen. Während die restlichen Waldbewohner sich mit ihrer Tierart begnügen müssen, schenkt sie ihnen einen zusätzlichen Namen. Schnell wird klar, warum. Denn es ist Kalle Kaninchen, der trotz seiner Größe, am meisten Mut beweist und sich dem Drachen Djordo gegenüberstellt.

Dass Drachen keine Vegetarier sind und viel lieber Prinzessinen verspeisen, als alles andere, bemerken die Kinder schnell. Dennoch ist Miskottes Idee, den verschnupften Drachen mit Obst und Gemüse zu versorgen, gut durchdacht. Schließlich stecken jede Menge Vitamine und Mineralstoffe in den Lebensmitteln, die dem Drachen helfen werden, gesund zu werden. Damit verwebt Maskotte nicht nur die Aspekte einer gesunden Ernährung in ihr Kinderbuch, sondern macht den Kindern auch Lust auf gesundes Essen, das sie oftmals verschmähen. Aber wenn Drachen das essen, essen Kinder das schließlich auch.

Neben dem Ernährungsaspekt scheint die Botschaft der Geschichte aber vorallem der gute Umgang miteinander zu sein. Miskotte zeigt, was Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft ausmacht. Es ist das Miteinander und nicht das Gegeneinander, das zählt. Mit dem Größenunterschied von Drache Djordo und Kalle Kaninchen, zeigt sie zudem, dass wahre Größe nicht von der Körpergröße, sondern vielmehr von der Persönlichkeit eines einzelnen ausgeht.

Das Kinderbuch ist dank seiner großflächigen und farbenfrohen Zeichnungen wunderschön anzusehen. Da die Geschichte vielmehr von den Bildern, als vom begleitenden Text lebt, eignet sie sich nicht nur zum Vorlesen, sondern kann von den Kleinen auch problemlos in Eigenregie entdeckt werden.

<3 <3 <3 <3 <3

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Bild aus dem Buch © Lingen Verlag

Blickwinkel aus kleinen Augen

Joschuas Urteil:

Steckbrief Joschi Blog 2

Lieblingsfigur der Geschichte: Drache Djordo

Lieblingswort: Drachenschnodder

Bester Leseplatz: auf dem Sofa

Futtert dabei am liebsten: Äpfel

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